Über 370 Jahre steht der Baum nunmehr an Ort und Stelle. Der Name blieb, der Frieden nicht. Die Linde in Bielefeld überstand die Befreiungskriege gegen Napoleon 1813/15 und den deutsch-französichen-Krieg 1870/71. An dessen, für die deutsch/preußische Seite erfolgreichen Ende, wurden in zahlreichen deutschen Städten weitere „Friedenslinden“ gepflanzt und mit Gedenktafeln versehen.
43 Jahre später begann der Erste Weltkrieg und nach dessen Ende 1918 dauerte es lediglich 21 Jahre zum Weltkrieg Nummer zwei. Die Bielefelder Friedenslinde hat sie alle überstanden. Auch viele 1871 gepflanzten Linden stehen noch in voller Blüte und die meisten von ihnen längst unter Naturschutz. Linden, so sieht die Sache aus, werden tatsächlich zu alt, um in Mitteleuropa ein Baumleben lang in Frieden wachsen und gedeihen zu dürfen. Was im übrigen nicht den Bäumen anzulasten ist.
Ein Text von Dirk von Werder
Das Dilemma der..
Friedenslinden
Werden Linden einfach nur zu alt? An der „Neustädter Marienkirche“ in Bielefeld steht ein überaus mächtiges Exemplar: über sechs Meter Stammumfang und – auf besten Wege, 400 Jahre alt zu werden. 1648 soll sie gepflanzt worden sein, was nicht zu beweisen, aber sehr gut möglich ist.
1648 endete der 30-jährige Krieg,
ein grausames, undurchsichtiges Gemetzel mitten in Europa, in dem sich Katholiken und Protestanten, weltliche Herrscher, gescheiterte Adlige und allerlei sonstiges Pack gegenseitig die Köpfe einschlugen. Was möglicherweise gar nicht in so schrecklicher Erinnerung geblieben wäre, hätten sie nicht räuberisch und brandschatzend unter den einfachen Menschen gewütet, die doch eigentlich nur hatten leben wollen. Nach drei Jahrzehnten hatten auch die letzten Hardliner den Spaß am Morden verloren, dem nach groben Schätzungen bis zu neun Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren. Gewonnen hatte so recht keiner. Und in der Hoffnung, dieser Umstand möge den Menschen eine Lehre sein, wurden um 1648 herum Friedenslinden gepflanzt; eine wohl auch zu Bielefeld, nah der Marienkirche